Muss der Zugang einer Willenserklärung oder eines sonstigen Schreibens oder sogar der rechtzeitige Zugang der Erklärung beim Adressaten im Streitfall bewiesen werden können, kommt neben der Zustellung per Gerichtsvollzieher auch eine Zustellung per Boten in Betracht.

Bote kann jede hinreichend zuverlässige Vertrauensperson sein, die in einem möglichen späteren Gerichtsverfahren als Zeuge in Betracht kommt. Hierzu ein Tipp am Rande: Grundsätzlich kommen auch Ehefrau oder Ehemann in Betracht. Aus verschiedenen Gründen sollte aber – wenn möglich – ein etwas neutralerer Bote gewählt werden, zumindest sollte sie (oder er) kein Zeugnisverweigerungsrecht haben.1

Folgender Ablauf der Zustellung sollte genau eingehalten und vor allem peinlich genau vom Boten dokumentiert werden:

  1. Das zuzustellende Schriftstück ist dem Boten in einem unverschlossenen Umschlag zu übergeben, damit er es lesen kann.
  2. Erst nachdem er es gelesen und damit den Inhalt des Schreibens zur Kenntnis genommen hat, darf der Bote das Schreiben zurück in den Umschlag legen und ihn verschließen.
  3. Den Einwurf des Schreibens in den Briefkasten des Adressaten hat der Bote schriftlich und genau zu dokumentieren.

Für die Dokumentation der Zustellung empfiehlt sich folgende Formulierung (Anmerkungen bzw. einzutragende Daten in „[]“):

„Zustellung per Boten

Ich, [Vorname Name des Boten],

habe den Brief / die Briefe

[Art des Schreibens, Beschreibung des wesentlichen Inhalts, z. B.

„Kündigungsschreiben (Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnisses zum xx.xx.20xx) vom xx.xx.20xx“]

inhaltlich zur Kenntnis genommen, selbst kuvertiert [wichtig!] und

am xx.xx.20xx

um                  Uhr

in den Briefkasten von

Frau/Herrn

[Vorname Name

Straße Hausnummer

Postleitzahl Ort]

eingeworfen.

                                                                                                                                 

Datum                                                                      Unterschrift“

Auf den ersten Blick mag das übertrieben wirken, kann im Streitfall aber entscheidend helfen, den von der Gegenseite bestrittenen Zugang des Schreibens zu beweisen, indem der Bote als Zeuge benannt und vom Gericht zu dem Beweisthema vernommen wird (Beweisantritt/-angebot bitte nicht vergessen!).

Unabhängig davon erleichtert eine derart dokumentierte Zustellung uns Anwälten erheblich, später substantiiert zum Zugang des Schreibens  bzw. der Erklärung des Absenders beim Empfänger vorzutragen. Wir müssen uns dadurch nicht darauf beschränken vorzutragen, der Absender habe „mit Schreiben vom xy gekündigt“ usw. (womit nichts zum Zugang der Erklärung vorgetragen ist), sondern können vielmehr substantiiert z. B. zum Zugang einer Kündigung vortragen:

Die [Kündigung] ging dem [Kläger/Beklagten] rechtzeitig zu, denn hierfür musste sie dem [Kläger/Beklagten] spätestens am … zugegangen sein und der Bote xy legte sie bereits am xx.xx.20xx, um        Uhr in den zur Wohnung / zum Haus des [Klägers/Beklagten] gehörenden Briefkasten ein.

Beweis: Vernehmung des Zeugen xy, [ladungsfähige Anschrift]“

Das nur als kleines Beispiel dafür, wie Sie Ihrem Anwalt mit einfachen Mitteln die Arbeit erheblich erleichtern und damit letztlich Ihre eigenen Erfolgsaussichten im Streitfall deutlich erhöhen können.

Im Unterschied zur Zustellung per Gerichtsvollzieher lässt sich der Zeitpunkt der Zustellung bzw. des Zugangs bei einer Zustellung per Boten deutlich besser steuern bzw. – je nach Verfügbarkeit des Boten – exakt bestimmen, was vor allem bei fristgebundenen Erklärungen (z. B. Kündigung von Miet- oder Pachtverträgen) von großem Vorteil ist. Abgesehen davon kann die Zustellung per Boten deutlich kostengünstiger sein.


1 Wirklich nur am Rande bemerkt: Es soll Fälle gegeben haben, in denen eine Ehe in der Zeit zwischen Zustellung/Zugang und Rechtsstreit scheiterte, worauf der als Zeuge benannte Ehegatte während der Beweisaufnahme prompt von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte. So unwahrscheinlich das auch sein mag – unmöglich ist es nicht…